Fast ist sie schon wieder vorbei meine Stipendiatenzeit in der Region Nouvelle-Aquitaine. Doch bevor ich die Tür meines Künstlerhäuschen hier in Bordeaux finalement hinter mir zuschließe, wollte ich noch ein paar Bilder aus dem schönen Südwesten Frankreichs zeigen.
Oben ein Bild von außen. Unten ein Bild von innen. Ich habe tatsächlich ein ganzes kleines Häuschen für mich. Jede Tag mache ich die Holzfensterläden auf und zu, weil ich denke, dass das sehr französisch rüberkommt.
Mein Weg in die Stadt überschneidet sich mit dem Jakobsweg. Er führt mich an der Basilika Saint-Seurin vorbei, die dem Viertel ihren Namen gibt. Vor der Basilika kann man sonntags Austern kaufen. Mache ich aber nie, weil ich lieber Miesmuscheln esse.
Gern schaue ich unterwegs mal im Maison Zürcher vorbei und kaufe mir Brioche, Macarons oder Canelé. Bäckereisachen, das können die Franzosen. Und Kaffee. Man kann sich in die letzte Bahnhofskneipe setzen, der Kaffee ist immer gut.
Durch Bordeaux fließt übrigens auch ein Fluss, die Garonne. Ein paar Kilometer nördlich der Stadt vereinigt sie sich mit der Dordogne zur Gironde, die wiederum in den Atlantik mündet. Das heißt, Bordeaux ist nicht weit weg vom Meer.
In 45 min ist man mit dem Zug im Strandort Arcachon. Dort in der Nähe ist auch die Dune du Pilat, die größte Wanderdüne Europas. Außerdem ist das Becken von Arcachon berühmt für seine Austernzucht.
Aber zurück nach Bordeaux, die Stadt, die durch Wein- und Sklavenhandel reich wurde. Das mit den Sklaven ist Gott sei Dank vorbei, das mit dem Wein Gott sei Dank nicht. Besonders gut soll der Bordeaux-Wein aus Pessac sein. Ich hatte dort einen Poetry-Slam Workshop an einer Schule, die genauso hieß, wie eines der bekanntesten Weingüter. Leider wurde mir kein Wein gereicht. Dafür haben die Schüler der Abi-Bac-Klasse super Texte geschrieben.
Neben Wein, Kaffee und Gebäck mögen die Bordelaiser auch moderne Mobilität. Sie fahren wie verrückt Leihrad und sind stolz auf ihre moderenen, extrem leisen Straßenbahnen (Einzelfahrt charmante 1,50 Euro). Überall stehen Carsharing-Autos. Außerdem habe ich noch nie eine so hohe Dichte von Renault ZOE, e-Golf, BMW i3 und Tesla gesehen.
In Deutschland liest man einiges über Jugendarbeitslosigkeit und dem Zerfall des Sozialstaats in Frankreich. So richtig spürt man hier davon nichts. Bordeaux hat unendlich viele Flaniermeilen, Cafés und Restaurants und alle sind sie voll. Nur gelegentlich patroullierende Soldaten mit Maschinengewehren erinnern an den Ausnahmezustand, der aufgrund der Terroranschläge immer noch gilt. Auf meine Frage, warum die Leute hier so entspannt aussehen, kriege ich immer dieselbe Antwort: „Aber das ist doch auch Bordeaux.“
So, das war Bordeaux plus Meer im Schnellrundgang. Die Stadt ist auf jeden Fall zu empfehlen. Nicht nur zum Schreiben, sondern auch für einen verlängerten Wochenendtrip. Hier noch ein paar nützliche Tipps.
Wie man in Bordeaux als Touri nicht auffällt:
- Trage ein blau-weiß geringeltes Shirt und habe die Haare schön
- Zutschele ab und zu konspirativ an einer E-Zigarette
- Nutze nichts anderes als den iPhone Ringtone für dein Handy
- Sitze in Kneipen und Cafés herum und manifestiere die Leichtigkeit des Seins
- Kaufe dir ein frisches Baguette zum Abendbrot und beiße auf dem Weg nach Hause auf jeden Fall schon mal ab
- Fahre Leihrad
Merci muss sein
Ein herzliches Dankeschön schon mal an alle, die mir den Aufenthalt hier ermöglicht und verschönt haben, danke also an den Hessischen Literaturrat, insbesondere Hartmut Holzapfel, an die Agence régionale Écla, insbesondere Marion Colin, Florence und Flore sowie Claire Géhin, an das Team vom Goethe Institut Bordeaux, an die Slameurs et Slameuses von Slam Bordeaux, an das Team des Institut Heinrich Mann in Pau, insbesondere Monika Metzger und Paul Selinger, an die französische Slammerin Camille Case, an den Deutschkurs der Université populaire Pau, an die Abi-Bac-Klassen in Pau und Pessac sowie ihren Lehrerinnen Christina Zipper und Ulrike Clavel. Merci für viele nette Stunden auch an Andrea Schmitz, Anna Gebhardt, Jan vom Konsulat und Michael Münch.
Fotos: Michael Münch
Nicht ausreichend in diesem Beitrag erwähnt wurde: Pau. Ein wunderbar hübsches neu-aquitanisches Städtchen am Rande der Pyrenäen, in dem ich auch ein paar Lesungen hatte.